PRESS REVIEW JUNE/JULY 2012

4. Juni 2012

”DER HORROR ENTSTEHT IM KOPF”

 (Merkur – 10.7.2012 –  Johannes Löhr)

 

IN DER UNTERWELT

(Münchner Feuilleton – Juni 2012 –  Florian Koch)

 

IN DER UNTERWELT DER GEFÜHLE

(Süddeutsche Zeitung, 21.6.2012 – Eva-Elisabeth Fischer)

 

DAS REAL-LIFE-VIDEO-GAME: O.R.PHEUS 2012

Das Real-Life-Videogame: O.R.pheus 2012 – elektrospieler: Fakten und Fiktionen aus der virtuellen Welt

(Der Elektrospieler, 18.6.2012 – Robert Bannert)

 

(ZKM Karlsruhe – Mai 2012)

O.R.PHEUS – MÜNCHNER UNTERGRUND

http://youtu.be/qVufY4w0XU4

(Merkur Online, 20.6.2012 – Martin Müller)

 

”GLAMOUR”

GLAMOUR Deutschland bei Tumblr

(Glamour, 15.6.2012 – Nina Meixner)

 

MUNICH UNDERGROUND – BESUCH BEI ”O.R.PHEUS”

Kollege Alexander Strauch hat zwar schon (unter anderem) darüber geschrieben, aber seitdem ich gestern selber dort war, ist es mir ein Anliegen, noch einmal gesondert darauf hinzuweisen:

Wenn ihr irgendwie in München seid oder bis zum 24. Juni nach München kommt und eine halbe Stunde Zeit habt, schaut euch – UNBEDINGT – Or.Pheus an, ein “musikalisch-theatralische Rauminstallation”, direkt neben dem Bahnhof, am Alten Botanischen Garten, Infos und Vornmeldung hier hier.

Jeweils bis zu zwei tapfere Neugierige besteigen – bewaffnet mit einem zur Verfügung gestellten Smartphone – einen Atombunker (!) der Stadt München an zentralem Ort und erforschen eine von der Künstlerin Evelyn Hribersek entworfene Installation, die Elemente aus dem Orpheus-Mythos, Computerspielen wie “Silent Hill” oder “Bioshock” sowie Elemente des experimentellen Theaters zu einer ganz eigenen Kunstform vereint, die nur schwer in Worten beschrieben werden kann, aber wunderbar funktioniert.

Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen (ein Großteil des Vergnügens an “Or.pheus” besteht daran, die Geheimnisse der Installation selber zu erforschen), hier eine kurze Beschreibung der Aspekte, die mir auch als Anregung für Kompositionen interessant erscheinen:

- eine ganzheitlich theatralische Situation, die gerade durch die Isolierung des Betrachters (die Installation darf nur alleine und ohne Begleitung betreten werden, jeder der zwei Besucher erforscht ein eigenes Ambiente, man begegnet sich nicht) eine besondere Intensität gewinnt.

- Die Installation ist nicht statisch sondern erzählt eine Geschichte, wobei der Weg, den man durch diese Geschichte nimmt, einem selber überlassen wird, ähnlich wie in guten Computerspielen.

- mittels des Smartphones interagiert der Besucher mit der Umgebung, wobei ein System verwendet wird (sehr clever entwickelt von Bernd Lintermann), das ähnlich wie ein QR-Scanner funktioniert. Grafische Symbole lösen sowohl Animationen wie auch Klänge aus, die sich auch im Raum bewegen können, während man sie betrachtet. Der Besucher wird zum Archäologen, der die Geheimnisse der Vergangenheit freilegt.

- Nicht nur der Raum, sondern auch der Klang (hochintelligente elektronische Komposition und Sounddesign, absolut zu loben: Ludger Brümmer) ist integraler Bestandtteil des Erlebnisses. Einerseits werden Lautsprecher verwendet, die eine subkutane Raumkomposition erklingen lassen, die sich je nach Position des Besuchers individuell verändert. Andererseits werden die ausgelösten Animationen mit Musik und Klang kombiniert, die sich mittels der getragenen Kopfhörer hervorragend mit dem Ambient-Sound mischen. Tatsächlich ist sehr schwer zu sagen, wo das eine anfängt und das andere aufhört, die Übergänge wirken fließend.

- Die Installation funktioniert nicht nur wie ein Bühnenbild, sondern bezieht den Besucher mit ein. Manche Elemente der Erzählung werden erst dann aktiviert, wenn der Besucher sich zum Teil der Umgebung macht, in einem Stuhl Platz nimmt, sich auf eine Liege legt.

- Atmosphäre: ein oft unterschätzter Aspekt gerade bei Installationen ist der, dass einem ziemlich schnell langweilig werden kann, wenn man verstanden hat, wie das Ganze funktioniert. In diesem Moment setzt oft eine Entfremdung ein, man hat das Ganze “verstanden” und es zieht einem zum nächsten Objekt (zum Beispiel in einer Ausstellung). Obwohl “Or.Pheus” eine frei begehbare Installation ist, gibt es dennoch einen zeitlich geplanten Aspekt, der eine Dynamik und einen Zeitpfeil erzeugt, ähnlich wie in einer konzertanten Komposition steuert das Ganze auf einen Höhepunkt zu, ohne dass dieser Höhepunkt sich aber auf konventionelle Weise ankündigt. Das extrem atmosphärische Set-Design, dass eine durchaus bedrohliche und extreme Spannung aufbaut (so stark, dass meine Begleiterin ihren Teil der Installation sogar vor dem “Ende” verließ) tut ein Übriges, die Wirkung zu verstärken, da es den Besucher direkt ins Geschehen einbezieht.

- Nicht alles wird auserklärt, sondern Teile der “Geschichte” bleiben letztlich nicht fassbar. Und das ist letztlich am Spannendsten.

Eine wirklich gelungene Sache also – Gratulation an Evelyn Hribersek, Ludger Brümmer, Bernd Lintermann, Saba Bussmann (Videoanimation und Motion Design), Julian Rupp (Fotografie, Produktionsleitung) sowie den Rest des Teams.

Ist toll. Ist gut. Ist einer von vielen möglichen Wegen, im 21. Jahrhundert Musik, Theater und Kunst auf kreative Weise neu zusammen zu erfinden.

(NZM / Bad Blog of Musick, 8.6.2012 – Moritz Eggert)

 

 

BEIM SCHLACHTER

…War jemand schon mal im Tiefbunker am nördlichen Ausgang des Alten Botanischen Gartens? Dort lernt man, olifaktorisch penetriert von syntehtischen Düften, das Gruseln vor der schönen neuen Welt der Schönheitschirurgie in der Uraufführung einer begehbaren Installation ”O.R.pheus” betitelt. Die gebürtige Stuttgartin Evelyn Hribersek ist insofern ein Münchner Gewächs, als das sie an der Theaterakademie August Everding studierte, nachdem sie an der Kunstakademie in Stuttgart auf ihr Architekturstudium ein Bühnen- und Kostümbild-Diplom aufgesattelt hatte. Ihre Video- und Rauminstallationen oszillieren zwischen Kunst und Theater. So auch ihre Verfremdung des Orpheus-Mythos in den nunmehr gefliesten Bunkerräumen. Mittels iPhone klinkt man sich über ein spezielles App von Station zu Station in real zu OP- und Leichensälen ausstaffierten Gelassen in virtuelle Wirklichkeiten. ”O.R.pheus” geleitet einen ebenso sanft wie bedrohlich an altmodischen Kanülen, Desinfektionsbädern und Seziertischen vorbei – eine gleichermaßen theatralische wie komische Inszenierung zwischen kalter Funktions- und kitschiger Werbeästhetik, untermalt von swingenden Klängen. Die Leichen in den Schubladen eines Metzger-und Kühlraums tanzen synchron ein lustiges Fußballet…

(Süddeutsche Zeitung, 1.6.2012 – Eva-Elisabeth Fischer)

 

 SMARTPHONE-THEATER IN LACK UND LEDER

Theater und Technik – das müsse ”kein Trauerspiel sein”, meint Künstlerin Evelyn Hribersek, 32. Ihre Theaterinstallation ”O.R.pheus” transferiert den Mhytos des verliebten Unterweltreisenden in die 2.0-Zeit. in dem erstmals zugänglichen Bunker unter dem Münchner Hauptbahnhof hat die Künstlerin einen multimedialen Operatiosnraums aufgebaut. Der Patient? Ist der Zuschauer. Ihn schickt Hribersek durch jeweils fünf in düsterer Videospiel-Optik gestaltete Räume. Wichtigstes Element: ein Smartphone, mit dem das Publiku – ähnlich wie bei ”Quick Response”-Codes – hinter den designten Markern verborgene audiovisuelle Inhalte aufrufen kann. So erscheint ein Retro-Werbespot für Schönheitsmittel in 50er-Jahre-Ästhetik – passend zum Orpheus-Thema – ewiges Leben verspricht. Uraufführung ist am 30. Mai.

(Focus, 26.5.2012)

 

MULTIMEDIA-MUSIKTHEATER: UNTERM MESSER IN DER UNTERWELT

Ins Krankenhaus geht niemand gern – außer der (künstlichen) Schönheit zuliebe. Die Tücken der modernen Medizin untersucht Evelyn Hribersek in ihrer Rauminstallation ”O.R.pheus”.

(Abendzeitung, 31.5.2012)

 

SCHÖNES, SCHRÄGES UND IM ERNSTFALL EIN BUMM

Ach ich habe sie verloren”, klagt Orpheus. Wie der liebende Sänger in den Hades hinab stieg, um seine Eurydike wiederzufinden, klettert auch der Besucher von ”O.R.pheus” in den Tiefbunker an der Luisenstraße. Glucks Oper erklingt dort nicht, den Evelyn Hribersek bewegt sich um Mythos und Musiktheater sehr weiträumig herum. Im Ambiente aus historischer Klinikaussstattung steuert der Besucher mit einem Smartphone Klänge, Texte und Bilder zu Verletztlichkeit, Vergänglichkeit, aber auch Schönheit und Metamorphose. Mit dieser sensationellen Rauminstallation eröffent Evelyn Hribersek das Festival Rodeo….

(Abendzeitung,  1.6.2012 – Mathias Hejny)

 

AUF DER SUCHE NACH DEM KLANG – THEATER UND TANZ AUF RODEO MÜNCHEN 2012

Evelyn Hribersek beauftragte für „O.R.pheus – Eine musikalisch-theatrale Rauminstallation“ Ludger Brümmer mit der elektronischen Komposition. Um überhaupt dort hinein zu dürfen, muss man einen eigenen Besuchstermin im Tiefbunker am namenlosen Platz zwischen Elisen-, Luisen- und Sophienstraße vereinbaren. Bevor man allein auf fünfundzwanzig Minuten limitiert eintritt, erhält man ein Smartphone mit Scan-Funktion, das man im Verlauf der Zeit auf bestimmte Muster halten soll, um auf dem kleinen Display eine optische und akustische Veränderung des Raumes auszulösen. Hat man die erste Folienwand durchschritten wird erstmal die Nase gekitzelt: In allen erdenklichen Töpfen, Gläsern, Wannen, ja sogar Spritzen, sieht man eine pinke Flüssigkeit, die kräftig nach Seifenparfüm riecht, besser duftet und zugleich stinkt. Das ist wohl das olfaktorische Versprechen nach ewiger Schönheit der fiktiven Firma „Hermes“, die immer wieder in dieser Installation für ewige Jugend wirbt, wenn man entsprechende Einspieler auslöst. Man bewegt sich durch ein Labyrinth mit medizinischen Mobiliar der ersten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts, kann sich auf einen OP-Tisch legen und in einen Zahnarztstuhl setzen. An manchen Stationen raunt ein Junge im Ohrstöpsel Texte von Verlusten, die Hermessprüche werden von gespielten und gesungenen Swingfetzen zitathaft untermalt, von Brümmer immer wieder in einen unendlichen Hörraum absaufend verfremdet. Aus pinken Raumanzügen blicken plötzlich riesenhafte Augen, tote Gänge erscheinen ad infinitum verlängert. Im Hintergrund immer eine bedrohliche Klangkulisse, als würde gleich was losbrechen, im Ohrstöpsel immer wieder die Hermes-Seditative. Man kommt sich wie ein Eindringling im Hades, auf den elysischen Feldern vor, weiß aber nicht so recht, was los ist, soll verweilen, muss aber weiter. Wo ist Orpheus? Doch da ist die Zeit um und man muß wieder ans Tageslicht. Eine beunruhigende Suche nach ewiger Jugend, perfekt mit einfachen Mitteln durchgestylt. An der wolkenverhangenen Oberfläche scannt man die Passanten immerhin im Kopf weiter, sucht nach Realität und denkt noch ein wenig an das Absaufen des Swings, die einzige erträgliche Präsentation dieses Jazzstils…

(Bad Blog of Musick, 1.6.2012 – Alexander Strauch)

 

UNTERWELTEN

Nicht Orpheus findet man beim Abstieg in den Tiefbunker Luisenstraße, sondern eine clean-gruselige Fetisch-Welt der Schönheitschirurgie. Weiß geflieste Räume bestückt mit allerlei silbrig glänzendem Gerät und Maschinerie (alles original aus den 50er Jahren) durchquere ich auf der Suche nach den schwarz-weißen Symbolen, die mir durch einen Klick mit dem I-Phone virtuelle Räume eröffnen. Eine Kinderstimme flüstert mir Grauenvolles aus dem leeren Bettchen zu. Aus der mit rosa Seife gefüllten Badewanne steigt ein Gesichtsrelief auf, Spritzen fliegen mir entgegen. Ich tauche ein in eine Welt, von der ich mich gar nicht umfangen lassen will. Angst steigt auf wie ein ursprünglicher Schutzmechanismus. Aus einer dunklen Ecke ertönen Schreie und dumpfe Klänge.

Jeden Moment rechne mit einer unangenehmen Überraschung, irrational besorgt um meine körperliche Unversehrtheit? Nein, eigentlich ist das Unsinn. Denn ich befinde mich in einem Kunst-Raum, ganz alleine, umgeben von der kreierten Welt Evelyn Hriberseks. Und doch an einem historisch vorgeprägten Ort, dem Tiefbunker. Wie einst Leichen, hängen nun an den Hacken lebensgroße Figuren, Darth Vader in pink, ein rasselnder Atem durchdringt den Raum.

Orpheus – jeder kennt wohl diesen Mythos des betörenden Sängers und Dichters, der seiner geliebten Eurydike in die Unterwelt folgte und sie dennoch verlor. Die Künstlerin Evelyn Hribersek transformiert in ihrer Installation diese Thematik der Grenzüberschreitung in die Jetzt-Zeit und landet in der Welt der Schönheitschirurgie, die ewige Jugend, wenn nicht gar Unsterblichkeit zu versprechen scheint. Ein Thema, das an den Film “Die Haut, in der ich wohne” von Pedro Almodóvar erinnert. Der Versuch der Perfektionierung und die Angst des Verlusts. Körperliche Optimierung. Eine schöne Welt der glatten Oberfläche, unter der es brodelt. Ich grusle mich nicht gerne, deshalb verlasse ich die Installation, ohne in die unteren Schichten vorgedrungen zu sein.

Und andere Besucher? Wie reagieren diese? Entweder überwältigt und beschäftigt damit, die starken Eindrücke zu verarbeiten oder mit einem breiten Grinsen, so die Künstlerin.

(RODEO Blog, 3.6.2012 – Miriam Althammer)

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